Galerieausstellung 2. Quartal 2013
Ausstellung „Wir“ - Heinke Levsen und Angela Pantaenius
Heinke Levsen und Angela Pantaenius haben bei einer ganzen Reihe vergangener, gemeinschaftlicher Ausstellungen immer wieder bestätigt gefunden, wie gut sie mit ihren ganz unterschiedlichen Kunstwerken zueinander passen.
Beide verfolgen in ihren Werken das Prozesshafte – einfach gesagt: Der Weg ist das Ziel – und betonen, dass es sich hierbei nicht nur um das Schaffen in der Kunst handelt, sondern um eine Lebensauffassung. So findet sich in allen Werken immer wieder das übergeordnete Thema: Unser aller MENSCHSEIN.
Ganz organisch ergibt sich aus dieser fruchtbaren Konstellation der Ausstellungsname „Wir“.
Heinke Levsen
Heinke Levsen wurde in Husum geboren und arbeitet nach dem Studium der Mathematik und der Physik seit 1991 als Lehrerin mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen am Koppelsberg in Plön in der Berufsvorbereitung.
Schon früh hatte sie neben dem pädagogischen Beruf ihre Liebe zur Kunst und Malerei entdeckt. Bereits als Kind war sie vom wilden Farbenspiel der Bild er Emil Noldes fasziniert. Zwangsläufig kam sie auch selbst zur Malerei, die sie immer weiter perfektionierte. Seit 2004 hat sie eine Reihe von Einzel-, aber auch Gemeinschaftsausstellungen an verschiedenen Orten absolviert.
Seit 2006 ist Heinke Levsen Meisterschülerin bei dem Neumünsteraner Bildhauer Wilhelm Bühse, bei dem sie insbesondere Farbenlehre, Proportionslehre und Wahrnehmungsprozesse in der Kunst studiert. Gleichzeitig ist sie Mitglied im Kunstkreis Plön.
Neben den künstlerischen Aspekten ihrer Malerei hat Heinke Levsen auch immer die pädagogische Dimension ihres Schaffens im Auge gehabt. Immerhin steht in ihrem Hauptberuf für sie die Entwicklung und persönliche Entfaltung junger Menschen im Mittelpunkt. Schon früh war ihr aufgefallen, wie Farben und Formen auf die Empfindungsprozesse gerade junger Menschen wirken. Nur folgerichtig, daß sie sich als Künstlerin und Pädagogin langjährig in Gestalt-Pädagogik und Gestalt-Therapie weitergebildet hat.
Heinke Levsen weiß, daß der Umgang mit Farben und Formen heilsame Wachstumprozesse fördern kann. Im Wilhelminenhaus werden ihre Arbeiten eine heilsame und möglicherweise auch heilende Wirkung nun nicht mehr nur gegenüber Jugendlichen entfalten, sondern allgemein gegenüber sehbehinderten Menschen, gerade auch älteren Menschen, die hier in der augenärztlichen Gemeinschaftspraxis des Wilhelminenhauses Hilfe für ihr Augenleiden erhoffen.
Angela Pantaenius
Angela Pantaenius wurde nicht an der Westküste, sondern an der Ostküste Schleswig-Holsteins geboren, nämlich in Timmendorfer Strand. Genauso wie Heinke Levsen lebt und arbeitet sie nun in Bordesholm.
Seit rund 30 Jahren ist Angela Pantaenius künstlerisch tätig. Ihre Ausbildung hat sie in Lübeck und Schierensee erhalten. Angela Pantaenius hat eine ganze Reihe unterschiedlicher Stadien künstlerischen Schaffens durchschritten, so Jahre in denen sie in erster Linie als Malerin tätig war oder auch als Gestalterin mit textilen Werkstoffen.
Im Zentrum der jetzigen Ausstellungen stehen Werke aus Pappmaché. Dies ist ein in der Kunst heutzutage ungewöhnlicher Werkstoff. Im Schloß Ludwigslust bei Schwerin war Angela Pantaenius auf dieses Material gestoßen. Pappmaché ist eigentlich ein seit Jahrhunderten benutzter Werkstoff, der seit dem 15. Jahrhundert in Europa bekannt ist. Friedrich der Große beispielsweise liebte die französischen Schnupftabakdosen aus Papiermaché so sehr, daß er 1767 in Berlin eine eigene Manufaktur für „Galanteriewaren“ aus Pappmaché gründete.
In Schwerin war es Johann Georg Bachmann, der Mitte des 18. Jahrhundert, also zu Zeiten Friedrichs des Großen, beim Herzog Friedrich von Mecklenburg-Schwerin vorstellig wurde und ihm vorschlug, die Ausgestaltung seines Schlosses Ludwigslust vorzugsweise mit Papiermaché vorzunehmen. Herzog Friedrich ging auf diesen Vorschlag gerne ein, versprach er doch, z.B. durch den Verzicht auf Mamor in hohem Maße Kosten zu sparen. So kam es, daß in Ludwigslust eine Unzahl an Dekorationen, Ornamenten, Zierleisten, Rosetten, Reliefs, Bilderrahmen, Kerzenständern, Säulen und Figuren aus Pappmaché gefertigt wurden. Täuschend echt wurden andere Materialen vorgetäuscht. Schnell bürgerte sich der Begriff „Ludwigsluster Carton“ ein.
Durch spezielle Techniken, die heute nicht mehr bekannt sind und auch damals durch Bachmann geheimgehalten wurden, konnten die Pappmaché-Figuren witterungsbeständig gemacht werden. Auf diese Weise umgaben das Schloß im Außenbereich beispielsweise Büsten römischer Kaiser, die aus „bloßer Pappe“ und von echten Marmorbüsten nicht zu unterscheiden waren.
Fasziniert von dem Material und der Technik begann Angela Pantaenius, nun ihrerseits mit Pappmaché zu arbeiten. Ein erfahrener Restaurator riet ihr damals im Anfangsstadium davon ab, mit diesem Material zu arbeiten, da es die notwendigen Rezepte nicht mehr gebe. Angela Pantaenius ging trotz dieser Warnung an die Arbeit und erarbeitete in vielfältigen Experimenten ihre eigenen Rezepturen.
Eine Fülle von erstaunlichen Figuren aus Pappmaché zieren nun das Wilhelminenhaus. In fantasievoller Weise wurden unterschiedlichste Formen und Farben miteinander kombiniert. Vielfach stehen die Figuren in Gruppen beieinander.
Und vor allem ergänzen sich die Bilder von Heinke Levsen und die Figuren von Angela Pantaenius an vielen Stellen in nahezu idealer Weise: „Wir sind selbst immer wieder überrascht, wie kreativ wir uns – oft unbewusst! – gegenseitig inspirieren.“
Musik
In besonderer Weise wurde die Vernissage am 13.04.2013 durch die Darbietungen eines Kammermusik-Quartetts geprägt und aufgewertet. Johann Santa, 1. Violine, Dr. Marianne Ulmer, 2. Violine, Dr. Enno Wilms, Viola, und Professor Harm Wilms, eröffneten die Vernissage mit dem ersten Satz aus dem Quintenquartett von Haydn.
Nach der Begrüßung der Künstler und Gäste durch Dr. Yorck Walpuski und erläuternden Ausführungen von Heinke Levsen folgte das Quartatt Opus 33 Nr.8 von Boccherini. Den Abschluß bildete die den Abend dann einläutende Serenade von Haydn.
Eine Menge Applaus war dem Kammerquartett um Johann Santa sicher. Die Gäste wandelten in Gruppen zu klassischer Musik von Kunstwerk zu Kunstwerk. Über allem lag eine heitere und aufgeräumte Stimmung.